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TESTBERICHT 50 3624 VON TILLIG
 
 
  Nach jahrelanger Ankündigung ist mit dem EP-III-Modell 50 3624 das erste 50.35-Modell der Fa. Tillig nunmehr lieferbar - Zeit für einen (ersten) Test. Dieser sollte eigentlich recht zeitnah mit dem Auslieferungstermin der 50 3624 im Dezember 2007 erfolgen, aber leider brauchte es 2 Rücksendungen zur Nachbesserung nach Sebnitz, ehe aus dem mir zugedachten Modell ein funktionsfähiges Modell geworden war.

 

Es gibt Testinstrumente vielfältigster Art: Messschieber, Stopuhr, Multimeter – und Auge und Gehirn. Darauf will ich mich verlassen... Das Auge, das auf das Modell schaut und das andere Auge, das in die Fachliteratur und die Fotosammlung schaut. Und das Gehirn, das mit etwas Kombinatorik (und auch unter Zuhilfenahme des PC) entsprechende Schlüsse zieht. Als Literatur dienten vor allem das inhaltlich sehr aktuelle „Baureihe 50.35 und 50.50“ von Dirk Endisch aus dem Dirk-Endisch-Verlag, die „üblichen Verdächtigen“ wie Dampflokarchiv usw., eigene Unterlagen und rund 1500 Fotos von Loks der BR 50.35 und 50.50.
R.P. Wagner hat mal einen Aufsatz „Wo Licht ist, da ist auch Schatten“ betitelt – und genau das trifft auch auf die 50 3624 von Tillig zu...
Und auch gleich vorab – bevor mir mancher hier Nietenzählerei vorwirft: Ich werde dazu noch einige Worte in der Zusammenfassung verlieren - also erst mal alles in Ruhe lesen und erst dann in Wutschnauben ausbrechen... Und die Niete eines Einheitsführerhauses werde ich nicht nachzählen - versprochen.
 
Das ist sie die 50 3624 in der EP-III von Tillig mit dem schon von der 52.80 bekannten 50E-Kessel mit nach hinten versetztem Dampfverteiler ("Hosenträgerkessel") und dem neu konstruierten Einheitstender 2'2'T26.
 
Vorbild
Das Original: 50 3708 im Sptember 2006 in Staßfurt
 
Nur 364 der über 3100 gebauten Loks der BR 50.0-31 waren 1945 nach Kriegsende bei der DR verblieben und ein großer Teil dieser Maschinen waren mit St47K-Kesseln aus nicht alterungsbeständigem Stahl ausgerüstet. Die immer weiter um sich greifenden, betriebsgefährdenden Schäden, die seitens der BW und des RAW Stendal immer weniger beherrschbar waren, zwangen in den 50-er Jahren dazu, die Neubekesselung der BR50.0-31 ins Auge zu fassen. Die DR entschied sich für einen vom Neubaukessel für die 50.40 und 23.10 abgeleiteten Dampferzeuger mit Verbrennungskammer. Wegen der gegenüber der 50.40 anderen Fahrwerksabmessungen der Altbau-50-er wurde der Kessel um 500mm zwischen den Rohrwänden verlängert, wodurch sie die Rohrheizfläche entsprechend vergrößerte. Die auf Loks der BR50.35 verbauten Kessel wurden durch SKL Magdeburg, die RAW Halberstadt sowie LKM Babelsberg gefertigt. Teilweise wurden diese Kessel gegen einen Preisnachlass „nackt“ - also ohne Armaturen und Anbauteile - an das RAW Stendal geliefert, das die benötigten Anbauteile und Armaturen von den zu verschrottenden Kesseln gewann und damit die Neubauersatzkessel komplettierte. Durch diese Verwendung von „Altmaterial“ entstanden Rekoloks mit teilweise recht differierenden Erscheinungsformen – speziell am Kessel die die Wiederverwendung unterschiedlicher Sandkastenformen (Gusssandkästen in unterschiedlicher Form, geschweißte Sandkästen und auch von der Altbau-52 bekannte Großraumsandkästen). Der 50E genannte Neubauersatzkessel diente auch zur Rekonstruktion der 52 zur 52.80, in leicht abgewandelter Form auch der Reko der 58 zur 58.30 und auch die 23 001 trug als 23 2001 einen 50E-Kessel.. Zwischen 1957 und 1962 wurden 208 50.0-31 zur 50.35-37 rekonstruiert und davon 72 in den Jahren 1966/67 und 1970 mit Ölhauptfeuerung ausgerüstet und zur 50.50 umgenummert. 115 50.0-31 fuhren weiter mit ihrem Altbaukessel – die übrigen 41 Loks (von den angeführten ursprünglichen 364 50.0-31 bei der DR) waren zum Zeitpunkt des Reko-Programms bereits nicht mehr im Bestand der DR.
Mit insgesamt 465 gebauten Kesseln war der 50E der meistgebaute Neubauersatzkessel der DR (208x 50.35, 200x 52.80, 56x 58.30, 1x 23 2001).
Einige 50.35 und 50.50 erhielten im Laufe ihres Lebens Ersatzzylinder in Schweißausführung, wobei die Zylinder keinesfalls immer paarweise ersetzt worden sind.
Alle rekonstruierten 50-er besaßen anfangs den von der Altbau-50 bekannten und unverändert übernommenen Tender 2’2’T26, an seiner „Führerhausrückwand“ sofort zu identifizieren.
der 2'2'T26-Einheitstender...
 
Mit zunehmendem Alter bereiteten diese Tender dem RAW erhebliche Probleme – Stichwort „Heimatstoffe“. Als nach einsetzenden Ausmusterung von Neubauloks der BR50.40 und 23.10 zunehmend deren Tender 2’2’T28 „arbeitslos“ wurden, kamen diese an den kohlegefeuerten 50.35 zum Einsatz. Ein Umbau von 2’2’T28 zu Öltendern ist nicht erfolgt – aber einige 2’2’T26-Öltender wurden nach Abstellung der 50.50 zu Kohletendern zurückgebaut.
... und der Neubautender 2'2'T28
 
  Der Dampferzeuger 50E ist gegenüber dem Wagner’schen 50-er Langrohrkessel wesentlich leistungsfähiger und wegen des Vorhandenseins einer Verbrennungskammer auch spezifisch höher belastbar. Das führte dazu, dass mit der 50.35 und vor allem mit der ölgefeuerten 50.50 fortan Leistungen gefahren wurden, die mit den Altbaumaschinen undenkbar gewesen wären. Trotz des stabilen Barrenrahmens, den die 50.35 von der 50.0-31 geerbt hatten, waren Fahr- und Triebwerk der Reko-50-er auf Dauer diesen Belastungen nicht immer gewachsen, so dass der Instandhaltungsaufwand für Rahmen und Triebwerk erheblich anstiegen, auch wenn die „Rekos“ solche Belastungen besser verdauten als die Neubau-50.40 mit ihren Blechrahmen.
Aufgrund des konisch erweiterten Hinterkessels musste im Rahmen der Rekonstruktion im RAW Stendal die Vorderwand der Führerhäuser erneuert und eine Lösung für die Verlegung der Ventilzüge zum Dampfverteiler auf der linken Fahrzeugseite gefunden werden. Während der Zeit der Reko der BR50 wurde vorwiegend auf geteilte Anstellstangen zurückgegriffen, die in Höhe der hinteren Rohrwand durch Kardangelenke verbunden waren.
Diese Kardangelenke finden sich derzeit am Kessel der 50 3708:
 
 
 
 
Die Halberstädter 50 3708 - sie war eine der Wenigen 50.35, die im Rahmen der Reko einen sog. "Hosenträgerkessel" erhielten - hier trägt sie allerdings bereits einen Tauschkessel mit Kardangelenken in den Anstellstangen...
 
     
  Mit dem Beginn des Jahres 1962 änderte sich sowohl für die letzten noch zu rekonstruierenden 50-er als auch für die laufende Reko der BR52.80 der Anbauort für den (Nass)-Dampfverteiler auf der linken Lokseite. Er wurde hinter den hinteren Sandkasten in etwa auf die Höhe der hinteren Rohrwand zurückverlegt. So konnte man auf die Kardangelenke in den Anstellstangen verzichten. Das Zuleitungsrohr vom Dampfentnahmestutzen am Dampfdom zum Dampfverteiler wurde in einer hosenträgerartigen Form über den Sandkasten geführt.
Diese „modernere“ Form der Kesselausrüstung ist hier an 52 8177 zu sehen:
 
 
 
 
Die Berliner 52 8177 - gut sichtbar das "Hosenträgerrohr" am hinteren Sanddom.
 
     
  Im Zuge des freizügigen Kesseltausches zwischen 50.35 und 52.80 kam es zur „Durchmischung“ der beiden Bauweisen. Für den Zeitpunkt der Rekonstruktion gelten folgende Eckdaten:
Letzte 52.80 mit Kardangelenken: 52 8038 (evtl. auch 8039) – danach ab 52 8040 nur noch Hosenträger...
Letzte 50.35 mit Kardangelenken: 50 3701 – danach 50 3702 bis 50 3708 mit Hosenträger.
Bezogen auf die Kessel:
RAW Halberstadt: 219 / 1961 erster Kessel mit Hosenträgern
SKL-Magdeburg: 30.487 / 1961 letzter Kessel mit Kardan
31.059 / 1962 erster Kessel mit Hosenträgern.
LKM Babelsberg lieferte zu Beginn des Jahres 1962 keine Kessel mehr an das RAW Stendal.
 
  In den 60-er Jahren war die 50.35 vor allem DIE Güterzuglok der Rbd Magdeburg. Sie war vor Nahgüterzügen ebenso zu finden wie vor schweren Durchgangsgüterzügen. Schwerpunkt des Einsatzes war der Güterverkehr, auch wenn es immer Einsätze im Personenzugdienst gab.
Gegen Ende des planmäßigen Regelspurdampflokeinsatzes bei der DR betrafen zwei „Historische Ereignisse“ die 50.35-er des BW Halberstadt: mit dem D2049 zwischen Thale und Halberstadt fuhr bis 1985 der letzte planmäßig dampfbespannte Schnellzug der DR mir der 50.35 als Planbespannung. Mit 50 3559 des BW Halberstadt war es auch eine 50.35, die den Regelspurdampflokeinsatz der DR im Streckendienst am 29.10.1988 beendete.

 
     
  50 3624  
  Das Vorbild des Tillig-Modells 50 3624 wurde im September 1960 (etwa zeitgleich zur 52 8001) im RAW Stendal aus der 50ÜK 2228 (DWM 402 /1942) rekonstruiert. Dabei erhielt sie den Kessel 1960 / 30.218, der aus einer Serie (1960/30.218–30.237) aus dem SKL Magdeburg war. Alle Kessel dieser Serie hatten definitiv Kardangelenke. Erst 1981 erhielt 50 3624 im Rahmen eines Kesseltausches zur 2. HU den Kessel 1962/31.068 aus dem SKL Magdeburg eingebaut, der vorher auf 52 8009 unterwegs war (aber nicht der Originalkessel der 52 8009 ist!). Dieser Dampferzeuger befindet sich noch heute auf der 50 3624 und stammt aus einer gemeinsamen Serie mit den in 50 3703 – 3708 eingebauten Kesseln. Bei diesen Kesseln handelt es sich um sog. „Hosenträgerkessel“ mit nach hinten verlegten Dampfverteilern.
50 3624 war durchgängig mit einem Tender der Bauart 2’2’T26 gekuppelt.

 
  50 3624 war nach der Rekonstruktion in folgenden Bahnbetriebswerken beheimatet:
Eilsleben / 19.11.1960 - 14.08.1962 /
Magdeburg-Rothensee / 15.08.1962 - 08.11.1962 /
Oebisfelde / 10.11.1962 - 03.09.1968 /
Eilsleben / 04.09.1968 - 12.05.1969 /
Magdeburg / 13.05.1969 - 21.11.1977 /
Güstrow / 22.11.1977 - 25.10.1981 /
Wittenberge / 26.10.1981 - 23.07.1987
Sie wurde am 23.07.1987 z-gestellt und am 03.06.1993 ausgemustert und ist heute in Salzwedel nicht betriebsfähig erhalten.

 
  Von der 50 3624 in 1:1 gibt es hier  
  http://drehscheibe-online.ist-im-web.de/forum/read.php?17,1146637,1146637#msg-1146637  
  ein Foto aus dem Jahre 1974 in Wittenberge. Leider sieht man hier nur die rechte („falsche“) Seite....  
     
  Aber nun zum Modell.  
  50 3624 kommt als EP-III-Modell:
Rbd Magedeburg, BW Oebisfelde
Letzte Bremsrevision: 14.07.64
Im BW Oebisfelde war 50 3624 vom 10.11.1962 bis 03.09.1968.

 
  Der erste Eindruck ist ein sehr guter - gar keine Frage. Man erkennt sofort und zweifelsfrei, dass da eine Reko-50 vor einem steht.  
  Mit dem Modell der 50 3624 hat Tillig ins „Teileregal“ gegriffen. Es wurde auf Teile der BR 52.80 zurückgegriffen und die meisten Neuteile werden für die noch folgende 50.0-31 benötigt. Synergieeffekte, die man sich auch beim Vorbild zu Nutze gemacht hat.
„Größere“ Neuteile sind u.a. der komplette Tender mit Antrieb, das Führerhaus, das vordere Rahmenteil und der Umlauf mit der Frontschürze.
Die Frage, ob unter Nutzung der „Synergieeffekte“ auch wirklich ein Modell der EP-III-50 3624 entstanden ist, muss allerdings klar verneint werden.
 
  Bereits das erste Modell kam beim Händler äußerlich ordentlich verarbeitet ohne optische Mängel aus der Schachtel und auch die Funktionsprobe verlief erfolgreich – somit erübrigte sich das nicht unbekannte Spiel „1 aus x“. Die Ernüchterung kam wenig später zu hause beim Einfahren. Nach ca. 2 Minuten blieb die Lok mit einem Dauerkurzschluss stehen und musste zur Reanimation zurück zum Hersteller... Und das gleich 2x...  
  Das hier vorgestellte Modell ist mein Eigentum und steht leibhaftig vor mir – geliefert am 22.12.2007 von SpieleMax und seit 18.01.2008 auch "betriebsfähig". Der aktuelle Verkaufspreis bei SM liegt lt. Preisauszeichnung bei 219,99 Euro – kein Sonderangebot. Dank des SM-25%-Rabattes vom Oktober 2007 auf den Vorbestellpreis stehen bei mir 149,99 Euro auf der Rechnung – das passt schon.  
     
  Fahrwerk  
  Das Fahrwerk der 50.35 ist bereits von den der BR52 / 52.80 bekannt – so gesehen nichts Neues. Der Antrieb im Tender ist aus dem Tillig-Baukasten und entspricht hinsichtlich des konstruktiven Aufbaus im Wesentlichen dem der BR52 / 52.80.
Der einen Blechrahmen nachbildende Hauptrahmen des 52-er Modells wurde für die 50.35 übernommen. Er ist im Bereich der Kuppelachsen für einen 50-er Barrenrahmen ca. 2mm zu hoch und hat auch nicht die für einen Barrenrahmen typischen Ausschnitte. Das Rahmenvorderteil wurde neu konstruiert und einem Barrenrahmen-Vorderteil entsprechend ausgeführt. Damit ist das Rahmenvorderteil niedriger als der Hauptrahmen – beim Vorbild läuft der obere Rahmengurt glatt durch. Die Nachbildung des Hauptrahmens in einer dem Barrenrahmen entsprechenden maßstäblichen Art hätte wegen der Lage der Platine oberhalb der Achsen eine völlige Neukonstruktion mit einer geänderten Konzeption bedurft.
 
  Wie so ein Barrenrahmen wirklich aussieht, verdeutlicht das Foto nach diesem Link:  
  http://www.bilder-hochladen.net/files/big/2bkn-1u.jpg  
 
Zum Vergleichen hier das Tillig-Modell mit dem Blechrahmen von der 52:
 
 
 
 
Auf dem Foto gut sichtbar: der für einen Barrenrahmen zu hohe, von der 52 übernommene "Blechrahmen" und die auf der Rückseite in unlackiertem signalrot blitzenden Frontschürzen. Die Frage, warum die Rückseite unlackiert bleibt, wenn die Vorderseite ohnehin lackiert werden muss, kann wohl nur die Fa. Tillig beantworten... Gut sichtbar auch die neue Steuerung mit Hängeeisen und der neue Steuerungsträger. Die metallisch blanken Achsstümpfe gefallen nicht wirklich...
 
  Steuerung (Hängeeisen) und Steuerungsträger (mit auf der linken Fahrzeugseite angespritztem Schlammsammler für die MV-Anlage) wurden für die 50.35 neu konzipiert und in gewohnter Weise sehr gut nachgebildet. Die Steuerung weiß wirklich zu gefallen.  
  Die neuen Zylinderblöcke (nachgebildet sind die originalen Graugusszylinder der 50 mit Bruchplatten anstatt von Zylindersicherheitsventilen) gefallen ebenfalls.
Die Radsätze sind mit denen der BR52 identisch. Tillig bildet die Variante mit den „großen“ Gegengewichten nach (an der BR50 gab es 3 Varianten der Gegengewichte – vermutlich in Abhängigkeit von der „Legierung“ des Materials der Gegengewichte). Bereits seit einiger Zeit an den 52-er Modellen - und nun auch an der 50.35 - stehen die Gegengewichte an Treibachse und den Kuppelachsen nicht mehr, wie bei früheren Serien der BR52 vorbildgerecht ausgeführt, seitlich über, sondern sind plan mit den Radsternen. Und an den „wirklichen“ 50.35, 52 und 52.80 sind die Gegengewichte der Treibachse zur Radnabe hin sichelförmig... Die Achsstümpfe aller Achsen sind metallisch blank. Der Vorläufer hat einen Scheibenradsatz.
 
     
  Gehäuse  
  Der Kessel mit „Hosenträger“ und geschweißten Sandkästen entspricht genau dem, was schon von der 52.80 bekannt ist. Da gibt es nichts zu meckern – auch wenn dem gewählten Kessel in der EP-III schon so etwas wie ein „Erlkönig-Feeling“ (aber wirklich NUR in der EP-III!) anhaftet. Aber es gab 50E-Kessel mit nach hinten verlegtem Dampfverteiler auch auf der 50.35 und das auch schon in EP-III – falsch ist das also nicht! Aber 50 3624 hatte einen solchen Kessel erst seit einem Kesseltausch im Jahre 1981 und nicht bereits während der EP-III.
Der Modellkessel besitzt Speiseventile mit getrennten Eingängen. Das war beim Vorbild für 50E-Kessel ab Baujahr 1960 so.

 
 
 
  Der Umlauf mit der Frontschürze ist ein Neuteil, eines der wenigen explizid für die 50.35. Der Umlauf besitzt eine feine Riffelblechstruktur, die zu gefallen weiß. Die Rückseite der Frontschürze (und auch die Unterseite des Umlaufs) ist werksseitig nicht schwarz lackiert worden, sondern zeigt sich in auffälligem (unlackiertem) signalrot. Nun mag es tatsächlich frisch aus dem RAW zurückgekehrte Loks oder Traditionslokomotiven gegeben haben, bei denen die Frontschürzenrückseite rot war (sie ist es z.B. an der Museums-38 205). Aber die rote Farbe wich im Betrieb innerhalb kürzester Zeit durch öligen Leckdampf aus dem Zylinderbereich einem ölig-dreckigem Schwarz. Stoff für eine unendlich lange Grundsatz- und erst recht Ansichtendiskussion. Für all diejenigen, die gern mit anderen Herstellern vergleichen – ich habe schon verglichen: Bei der Tillig-01 ist die Rückseite der Frontschürze schwarz, ebenso bei den infrage kommenden Piko-H0-Modellen. Bei Fleischmann sind die Bauteile sowohl in H0 als auch in N rot. Aber waren die Frontschürzenrückseiten in den 60-er Jahren tatsächlich rot? Hier helfen keine Fotos aus dem Jahre 2007 aus Salzwedel weiter... Mir vorliegende Fotos aus den 80-er Jahren belegen aber zumindest für 50 3564, 3606, 3610, 3616, 3632, 3636 und 3648 schwarze Frontschürzenrückseiten. Einen Bildbeweis einer 50.35 mit roten Rückseiten aus der Zeit des Planbetriebes habe ich nicht gefunden.  
  Die „Türen“ in den Frontschürzen sind am Modell erhaben dargestellt, aufgesetzt auf die Schürze – am Original sind die Türen plan mit der Frontschürze. Hier ist wohl eine nachträgliche Operation (Ätzteil) angesagt.  
 
 
 
Die Front im Vergleich...
 
     
  Der Rauchkammerträger an DR-Dampflokomotiven war schwarz – am Modell ist er das als Teil des aus rotem Plastmaterial gespritzten, unlackierten Rahmens wie schon an der 52 und 52.80 nicht. Aufgrund der Frontschürze der 50.35 stört es aber nicht so sehr wie an der 52.  
  Neuteil ist auch das Führerhaus. Nachgebildet wurde das genietete Einheitsführerhaus (mit dem die ersten 50.0-31 ausgerüstet waren) mit seitlichen Belüftungen am Dach und dem DRG-Lüfteraufsatz, aber ohne Schutzgitter. Bezüglich der Führerhäuser gab es an der 50.0-31 eine ganze Reihe unterschiedlicher Varianten:
1. das ursprüngliche genietete Einheitsführerhaus
2. das Einheitsführerhaus in teilweise geschweißter Ausführung
3. das ÜK-Führerhaus.
Darüber hinausgehend gab es verschiedene Formen der Dachlüfter.
 
  Das Führerhaus des Modells gibt das Vorbild in der genieteten Friedensausführung gut wieder – aber nur wenige 50-er (und noch weniger 50.35) hatten ein solches komplett genietetes Führerhaus. Die Entscheidung pro „genieteter Friedensausführung“ erfolgte wohl ausschließlich im Hinblick auf die angekündigte 50.0-31. Nach langem Suchen bin ich bei der 50 3506 hinsichtlich eines auch im unteren Bereich teilweise genieteten Führerhauses fündig geworden... Von der DB-50 042 liegt mir ein Foto eines vollständig genieteten Führerhauses vor.  
  Man kann hier sicher bezüglich 50 3624 einerseits und genietetes Einheitsführerhaus andererseits endlose Diskussionen führen - aber genau genommen fallen am Modell die Niete am Führerhaus aber überhaupt nicht auf und somit geht das so in Ordnung... Eine gute Kamera sieht halt schärfer als das menschliche Auge... Das genietete Führerhaus ist wohl der Kompromiss, der auch für "Nietenzähler" am ehesten zu verschmerzen ist.  
 
 
 
 
 
Das vollständig genietete Führerhaus der 50-er Friedensausführung... Ich werde die Niete nicht nachzählen - auch wenn mich mancher als Nietenzähler bezeichnet.
 
     
  Der „Spender“ für die 50 3624, die 50 2228, hatte ein teilweise geschweißtes ÜK-Führerhaus, in das zur Reko das 2. Seitenfenster nachträglich eingebaut wurde, das aber nicht die seitlichen Dachlüfter erhielt. Also kein wirkliches Einheitsführerhaus und erst recht kein vollständig genietetes. Ab 1966 wurden auf Anweisung der HvM Schutzgitter über den Dachlüftern angebracht, als Sicherheitsmaßnahme für den zunehmenden Verkehr unter Fahrleitung.  
 

Für alle diejenigen, die ihre 50 3624 zu einem EP-IV-Modell "mutieren"lassen wollen, ist das Schutzgitter eigentlich Pflicht. Wer das Tillig-Modell mit einem solchen Schutzgitter nachrüsten möchte, bekommt dieses nachträglich bei Kuswa als Messing-Ätzteil.

 
     
  Einige Jahre nach der Reko wurde zur "Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Lokpersonale" die Ausrüstung der Führerhäuser mit zusätzlichen „Rückwänden“ im Bereich der Sitze für Lokführer und Heizer angewiesen – vielleicht schon in Voraussicht auf die Umstellung auf den 2’2’T28-Neubau-„Rheuma“-Tender ohne Rückwand. Für die EP-III ist der am Modell angedeutete Ledervorhang vorbildgerecht, aber nicht für die Epoche-IV. Ab 50 3656 erfolgte der Einbau der Rückwände bereits im Rahmen der Reko. Die Nachbildung der Rückwände sollte mit Ätzteilen nicht "das Problem" sein. Im Inneren des Führerhauses ist der Stehkessel mitsamt seinen Armaturen nachgebildet.  
     
 
 
 
Das Führerhaus von hinten. Lokpersonal fehlt...
 
     
  Unverändert zur 52.80 sind auch die Windleitbleche der Bauart „Witte“ – wegen ihrer Materialstärke und den dicken Halterungen steht hier wohl der Ersatz durch Kleinserienprodukte aus Ätzblech an.  
     
 
 
 
Die Front der 50 3624. Die klobigen Scheinwerfer auf der Pufferbohle stehen dem Modell nicht wirklich gut...
 
 
 
 
Hier hat die 50 3624 bereits eine Rauchkammertür mit 3. Spitzenlicht von der 52.80... (und nun vorübergehend eine falsche "Nummer"). Im Vergleich zum oberen Spitzenlicht haben die Loklaternen auf der Pufferbohle eher den Charme polnischer Lokscheinwerfer... Die Umkennzeichnung steht noch aus...  
     
  Ein kleiner Kritikpunkt ist zum wiederholten Male das bronzefarbene Läutwerk. Aber das ist schnell nachträglich von Hand in das vorbildgerechtere schwarz änderbar. Für eventuell spätere Varianten als EP-IV-Modell sei vorweggenommen, dass die Läutwerke in den 70-er Jahren teilweise zurückgebaut wurden.  
     
 
 
     
 

Der „Hut“ des Modells ist sehr sauber lackiert, Staubeinschlüsse mussten nicht festgestellt werden. Der Sitz der einzeln angesetzten Teile ist korrekt. Die Bedruckung des Modells ist gestochen scharf und gut lesbar.
Lok und Tender besitzen am EP-III-Modell 2-Licht-Spitzenbeleuchtung mit automatischem Lichtwechsel.
Bereits 1959 wurde vom TZA der DR der Anbau des 3.Spitzenlichts für die BR 50.35 verfügt und, so zu lesen in einschlägiger Literatur zur Reko-50, bis zum Jahr 1966 an allen 50.35-ern realisiert. Unter Beachtung der TZA-Verfügung und entsprechend den Anschriften an der Lok bezüglich der Fristen muss das Modell nicht unbedingt über eine 3-Licht-Spitzenbeleuchtung verfügen – beide Varianten sind möglich und es geht so in Ordnung. Das 3. Spitzenlicht ist im Inneren des Kessels aber bereits funktionsfähig vorhanden. Was benötigt wird, ist die Rauchkammertür einer 52.80 als Ersatzteil (Preis rund 6 Euro) - lohnenswert vor allem dann, wenn eh eine Umnummerung in ein EP-IV-Modell vorgesehen ist. Man muss aber damit leben, dass die Lichtstärke des 3.Spitzenlichtes gegenüber den Leuchten auf der Pufferbohle erheblich geringer ist.

 
     
  Die Beleuchtung ist bereits bei niedrigsten Fahrgeschwindigkeiten gut sichtbar. Die „gelbe Lichtfarbe“ der LED entspricht der schon von den 52-ern bekannten, die mit Lichtfarbe einer Dampfloklaterne nicht sehr viele Gemeinsamkeiten hat. Hat es tatsächlich auf dem Gebiet der LED-Technik seit der Markteinführung der 52 keinen Fortschritt gegeben? Man könnte es vermuten. Die schon von der 86 bekannten, groß wirkenden Loklaternen auf der Pufferbohle der Lok, sind dem „Angesicht“ des Modells auch nicht wirklich förderlich...  
     
  Tender und Antrieb  
  Für den "Tenderhut" verdient die Fa. Tillig ein richtig dickes Lob - da gibt es optisch überhaupt nichts zu bemängeln. Der Tillig-Tenderantrieb mit 5-Poler und Schwungmasse ähnelt stark der von der 52 bekannten Konstruktion und bedarf hier keiner Diskussion. Die Tenderradsätze haben, analog zum Wannentender der 52, eine gegenüber einem „normalen“ Drehgestell stark eingeschränkte, aber betrieblich ausreichende Beweglichkeit.
Das Gewicht des Tenders liegt bei 86g gegenüber 106g beim 52-er Wannentender - begründet in dem geringeren "Metallanteil" beim Kastentender.
Im Unterschied zum Wannentender haben aber beide Achsen des vorderen Drehgestells beidseitig Haftreifen.
 
 
 
     
  Lok und Tender besitzen Kurzkupplungskulissen mit Normschacht. Die Kupplung vorn an der Lok entspricht der der BR52 und 56. Und da steht die Kupplung schon mal schräg nach oben... Die (offene) KKK am Tender befriedigt nicht in vollem Umfang. Zumindest an meinem Modell war tenderseitig ein auffallend großes Spiel in horizontaler Richtung zu verzeichnen. Hier wünsche ich mir zukünftig eine bessere Lösung - analog der KKK von Peter Horn (peho) oder auch der von Symoba: gekapselt als komplettes Bauteil mit weniger Spiel in horizontaler Richtung und vor allem Höhenverstellbarkeit der Kupplung. Und was noch auffiel: Die Lage der Kupplung über Schienenoberkante ist recht tief - mit der neuen Tillig-Kupplung ließen sich die Lowa-E5-Wagen, die bekanntlich eine recht hohe Lage der Kupplung haben und ohne dass an denen die Federbleche entfernt wurden, nicht wirklich betriebssicher kuppeln (Höhendifferenz der Kupplungen 1,5 bis 2mm). Und genau hier rächt sich die fehlende Möglichkeit der "Höhenjustierung" an den von Tillig verbauten Kulissen...  
 

 
 
Kein gutes Foto - trotzdem wird das mit dem Kuppeln so nix...
 
     
 
 
 
So sieht's mit dem Bme von Modist aus... Schon besser.
 
     
 
 
 
Die Kupplung an der Stirnseite steht schräg - das kennt man schon von der 52...
 
     
  Auch die Lok-Tender-Kupplung (analog 52 / 52.80) besitzt eine KKK. Die elektrischen Kontakte (3-polig) sind, wie bereits bei der „52-Quetschesse“ ausgeführt, optimiert worden. Am Aufstieg wurden beide „Türbleche“ am Tender angeschlagenen – und sieht gut aus.  
  Die Platine des Tenders besitzt eine Steckerschnittstelle, an die man durch das Entfernen des „Kohleeinsatzes“ gelangt - dieser ist nur eingeklipst und sehr einfach zu entfernen. Die "Digitalos" werden begeistert sein.  
  Das Tendergehäuse selbst ist, anders als beim 2’2’T30-Wannentender, aus einem Stück. Ein gute Lösung – so gibt es keine „Trennkante“ zwischen Ober- und Unterteil. Auch störende Formtrennkanten sind am Tendergehäuse nicht erkennbar. Es sei auch hier an dieser Stelle ausdrücklich positiv betont, dass es gelungen ist, den Abstand zwischen Führerhausdach und Schutzwand am Tender sehr gering zu halten.
 
  Am Tenderfahrgestell ist eindeutig die "Vorarbeit" für den DB-Kabinentender zu erkennen. Für die Freunde der Altbau-52 bleibt zu hoffen, dass konstruktiv im Voraus nicht nur diese Variante Berücksichtigung gefunden hat, sondern auch die Variante als Kriegstender K2'2'T26 für die Kupplung mit der 50-ÜK mit Norwegerführerhaus und der 52.  
     
  Zurüstteile  
  Die Anzahl der vom Käufer anzubringenden Zurüstteile hält sich in angenehm engen Grenzen. Neben Kolbenstangenschutzrohren und den Teilen für die Pufferbohle (für den „Vitrinenbetrieb“) beschränken sich die selbst zu montierenden Teile auf folgende Tender-Zurüstteile:
Leiter kurz (re. + li.) / Aufstieg Führerhaus
Ringgriff
Griffstange
Leiter lang (li. + re.) / Leitern Tender hinten
Bremsschlauch, Kupplungshaken, Bahnräumer.
 
  Für Heizleitungen sind an der Pufferbohle entsprechende "Bohrungen" vorgesehen - die Heizkupplungen selbst sucht man in der Verpackung der Zurüstteile aber vergeblich. Auch der von der 52 bekannte Schneepflug liegt nicht bei. Dessen Anbau wäre auch nur bei Verzicht auf die vordere Kupplung möglich. (Der Schneepflug, der der BR52-Altbau als Zurüstteil beliegt, entspricht dem der 52 001 und ist für die 50 nicht vorbildgerecht.)  
 

Leider sind die typisch beim Vorbild auf dem Tender mitgeführten Fässer und Kisten für die Dosierungsmittel und Werkzeug usw. auch bei der 50.35 nicht als Zurüstteil beigelegt – nahezu fast alle anderen Hersteller „vergessen“ das aber auch. Auch Lokpersonal würden sicher viele Dampflokfreunde gern als Zurüstteil sehen.

 
  Und leider gibt es bei der 50.35 wieder ein Problem, was ich eigentlich längt erledigt geglaubt hätte: Mit der vorn angebauten Kupplung passt das Modell nicht mehr in die Verpackung. Da ist mal wieder das Messer gefragt...  
     
  Fahrverhalten  
  Dass die Schlepptenderloks mit dem von Tillig verwirklichten Triebtenderkonzept keine Zugkraftwunder sind, begründet sich in dem relativ geringen Reibungsgewicht des angetriebenen Tenders. Aus der Gewichtsangabe für den Tender der 52 (106g) einerseits und für den neuen Kastentender der 50.35 (86g) anderereseits musste man schon vor dem Test erahnen, dass die Traktionsleistung der 50.35 die der 52 nicht erreichen wird. Und so ist es teilweise auch - die 50.35 erreicht Schornstein voran nicht die Zugkraft der 52. Das geringere Reibungsgewicht wird durch die 4 Haftreifen (gegenüber 2 an der 52) zumindest auf gerader Strecke (auch auf Steigungen mit normalen Neigungen < 1:35) noch gut kompensiert und der "Innenraum" des Tenders ist weitestgehend durch Antrieb und Ballast ausgefüllt. Ein spürbares Mehr an Reibungsmasse wäre nur mit einem höheren Metallanteil in Laufwerk und Antrieb zu erzielen - abweichend von Tilligs "Baukasten". Bleibt zu hoffen, dass die Haftreifen auch eine zufriedenstellende Haltbarkeit aufweisen und nicht nach kurzer Zeit in ihrer Wirksamkeit nachlassen.  
  Liegt die Strecke in einem Gleisbogen, fällt die Zugkraft allerdings deutlich ab. Für den Anlagenbetrieb auf einer durchschnittlichen Heimanlage dürfte die Zugkraft sicher ausreichend sein, wenn keine extremen Steigungen in engen Gleisbögen verbaut sind. Ob eine größere Beweglichkeit des Tenderfahrwerks (Stichwort „echte Drehgestelle“) mehr effektive Zugkraft bedeutet hätte, bleibt eine hypothetische Frage, für deren Erörterung hier kein Raum ist.  
  Tillig gibt auch für die 50.35 einen minimalen Bogenhalbmesser von 310mm an. Ob auch der 286-er Radius entgleisungsfrei befahren wird, konnte nicht getestet werden. (Der minimale Radius auf meiner Heimanlage liegt von wenigen EW-1 im Nebengleisbereich abgesehen bei 353mm.)
Auch der Vorläufer neigt nicht zum Entgleisen.
 
  Eine weitere "Besonderheit" ist mir im Rahmen des Tests aufgefallen: Einige Schreiber im TT-Board vermeldeten eine gegenüber der 52 größere Höchstgeschwindigkeit der 50. Nachdem mit der originalen Platine wegen der kurzen "Verfallszeit" derselben keine Vergleichsfahrten möglich waren, waren nach der 1. Reparatur beim Hersteller mit der 2. Platine einige Vergleiche mit einer neuwertigen 52 (geliefert 08/2007) möglich, bis auch diese Platine ihre Funktionstüchtigkeit nach einigen Minuten aufgab. Ich stellte fest, dass die 50 früher als die 52 anfuhr und hinsichtlich der Höchstgeschwindigkeit, anders als andere Besitzern von Modellen der BR50.35 von Tillig, unter den Werten der 52 blieb. Als die 50 dann nach der 2. Reanimation in Sebnitz mit der nunmehr 3. Platine zurückkehrte, hatte sie zwar immer noch ihre hervorragenden Langsamfahreigenschaften, war aber schneller als die 52. Ich möchte jetzt nicht versuchen, diese Feststellung irgendwie hypothetisch zu begründen...  
  Die erreichbare Höchstgeschwindigkeit der Lok ist recht hoch - aber eine „richtig vorbildgetreue Höchstgeschwindigkeit“ ist nicht von jedem gewünscht. Der Punkt für dieses Bewertungsdetail geht also wohl an die Spielbahner... Für eine genaue Ermittlung der Geschwindigkeiten bei bestimmten Spannungen fehlen mir die technischen Mittel, dies muss ich somit den einschlägigen Fachzeitschriften überlassen.  
  Zur Bewertung der Fahreigenschaften eines Triebfahrzeuges gehört auch dessen "Verhalten" am Zug - also eben ziehende Lok (Schornstein bzw. Tender voran) und auch Schiebevorgänge.  
  Die sehr guten Langsamfahreigenschaften wurden bereits genannt - Respekt bei diesem "vielgliedrigen" und vielachsigem Fahrwerk. Und der Fahrgeräuschpegel ist angenehm niedrig - sehr gut.  
  Zieht die 50 "Tender voran", ist im Gleisbogen die Zugkraft sehr deutlich höher als bei Vorwärtsfahrt. Wo mein zum Test herangezogenes Modell infolge Steigung im Gleisbogen (1:35) in Vorwärtsfahrt nur 4 bis maximal 5 4-achsige Reisezugwagen bewältigte, waren "Tender voran" ohne Probleme derer 6 möglich, auch mit niedriger Geschwindigkeit. Offenbar ist der Fahrwiderstand der "geschobenen" Lok im Bogen sehr viel größer, als wenn der Tender die Lok "zieht" und andererseits ist offenbar die Achslast der mit Haftreifen versehenen vorderen Tenderachsen bei Vorwärtsfahrt niedriger - Stichwort "Aufbäumen des Tenders mit Entlastung des vorderen Tenderdrehgestells".  
  Schiebevorgänge (Tfz mit dem Tender am Zug - in dieser Konstellation vorwiegend Rangiervorgänge) wurden nicht ganz "sorgenfrei" absolviert: Mehrfach kam es dabei zum Überpuffern zwischen Tender und erstem Wagen beim Befahren von EW-1-Weiche (ohne Gegenbogen), wobei insbesondere die Tillig-Reisezugwagen vom Typ "E5" als Problempartner der 50 auffielen. Die Ursache liegt wohl in dem auffällig großen Horizontalspiel der KKK am Tender der 50.35 und der Klemmneigung der KKK infolge "Schrägzug" (Höhendifferenz der Kupplungen z.B. der E5 einerseits und der Tenderkupplung der 50.35) - und natürlich beim E5...  
  Schwierigkeiten mit dem Vorläufer beim Ziehen schwerer Züge bei Rückwärtsfahrt brauchte ich übrigens nicht feststellen - auch kein "Schiefziehen" der Lok.  
     
  Zusammenfassung  
  Tillig hat ein sehr ansehenswertes Modell auf den Markt gebracht, mit sehr guten Laufeigenschaften. Das Modell wird auch sofort als Reko-50 erkannt. Die Zugkraft der Lok ist für die meisten Einsatzfälle sicher ausreichend, aber eben nicht gerade üppig. Kurzum - der Großteil der TT-Freunde kann und wird mit dem Modell zufrieden sein...  
  Wer irgendeine 50.35 wollte, hat eine bekommen - ein ansehnliches Modell mit ordentlichen Fahreigenschaften und für die meisten Fälle auch ausreichender Zugkraft, aber wer sich die Nachbildung eines ganz konkreten Vorbildes gewünscht hat, ist schon etwas enttäuscht worden. Tillig hat mit Kompromissen die 50 3624 im heutigen Zustand nachgebildet und mit einer Beschilderung aus der EP-III versehen - ein EP-V-Modell mit EP-III-Beschilderung.  
  Es haben sich zurückblickend im Rahmen des Tests eine ganze Reihe kritischer Punkte angesammelt. Aber die Anzahl der "Widersprüche" ist auch nicht zwangsläufig ein Maß für den "Kaufwert" eines Modells. Wenn ich unstimmige Details benannt habe, so geschah das nicht, um das Modell schlecht zu reden.
Einige Sachen können durch den Käufer des Modells bereinigt bzw. verbessert werden – z.B. durch eine Lackierung der Achsstümpfe. Andere Dinge erfordern zumindest eine Teilzerlegung, teilweise mit der Konsequenz des Garantieverlustes. Und manches lässt sich nur durch Umnummerung aus der Welt schaffen und einige Sachen eigentlich überhaupt nicht...
Trotzdem findet das Modell meine überwiegende Zustimmung (wenn auch nicht als 50 3624 in EP-III), sonst hätte ich es nicht gekauft.
 
  Ich habe versucht, in meinem Bericht Objektivität walten zu lassen und polemische Betrachtungen und persönliche Bewertungen zu vermeiden. Das ist gerade bei der 50.35 nicht einfach – eine so lange Entwicklungszeit einerseits und dann doch recht viele Kompromisse. Und diese Kompromisse an der 50.35 sind völlig anderer Art als z.B. an der 56.20: Nicht Maßabweichungen infolge technischer Zwänge und Probleme, sondern die synergetische Kombination nicht wirklich im Detail zusammenpassender Bauteile. Ich möchte das hier nicht auswalzen, aber da ist auch immer noch der Auftritt eines maßgeblichen Tillig-Mitarbeiters im Rahmen eines nichtöffentlichen Treffens von TT-Freunden im Hinterkopf...  
  Das einige Dinge, die ich hier genannt habe, eben für 50 3624 in EP-III nicht stimmig sein können, wird einige ziemlich stören (sie werden das Modell umbauen oder zumindest umnummern), andere wird es weniger stören und viele werden happy und zufrieden sein, weil sie es gar nicht wissen wollen, dass die 50 3624 in den 60-er Jahren anders aussah, als das ausgelieferte Tillig-Modell. Sie wird auf vielen Anlagen und in vielen Sammler-Vitrinen ihren Platz finden und viele Interessenten auch zufrieden stellen.  
  Und "nach einem neuen Modell ist vor einem neuen Modell" - getreu dieses Mottos freue ich mich schon auf das nächste Dampflokmodell. Auf die 50.0-31 von Tillig? Vielleicht gibt es ja in Nürnberg 2008 auch noch ganz andere Überraschungen... Und manchmal erwische ich mich auch bei dem Gedanken, ob ich nicht mit einer weiteren 52.80 über den SpieleMax-Gutschein zufriedener gewesen wäre...  
     
  PS  
  Bleiben noch die für einen solchen Test eher untypischen Schlussbemerkungen. Konkret geht es darum, welche 50.35 in 1:1 nun wirklich zum Tillig-Modell mit dem „Namen“ 50 3624 passt.
Es gilt ein Vorbild zu finden, auf das Hosenträgerkessel, geschweißte Sandkästen, breite Frontschürze, genietetes Einheitsführerhaus ohne Schutzgitter, Scheiben-Laufradsatz, Radsatzgruppe mit großen Gegengewichten und 2’2’T26 gleichzeitig zutrifft. Das ist selbst mit etwas Kompromissbereitschaft gar nicht so einfach und kompromisslos nur mittels Umbau zu realisieren. TT-Freunde, deren Modell in den Rbd Magdeburg oder Schwerin unterwegs sein soll, werden noch am Ehesten eine "stimmige Beschriftungsalternative" finden. Wer aber nach einer Lok aus dem sächsischen Einsatzgebiet sucht, für den sind die Karten nicht wirklich gut gemischt...
 
     
  EP-III:  
  Die Kesselausrüstung („Hosenträger“) lässt nur 50 3702 – 50 3708 zu. Die 50 3704, 3705 und 3707 scheiden aber wegen der schmaleren Frontschürze aus. Und aussagekräftige Beweisbilder sind auch Mangelware. Die Spenderloks für die „Rekos“ ab 3702 sind alle Baujahr 1940 oder jünger – ein vollständig genietetes Führerhaus wäre eine dicke Überraschung...  
     
  EP-IV:  
  Hier habe ich einige Tage nach der Veröffentlichung des Tests einige Sachen ergänzt bzw. korrigiert. Denjenigen, die mir hier entsprechende daten geliefert haben, sei an die Stelle ausdrücklich "Danke" gesagt.  
  In der Epoche-IV hatten die folgenden 50.35 zu einer Zeit, in der noch Zugdienst wahrscheinlich war, einen „Hosenträgerkessel“ UND waren mit einem Einheitstender 2’2’T26 gekuppelt UND hatten geschweißte Neubausandkästen – ein voll genietetes Führerhaus hatte keine von ihnen... Aber es gibt noch eine weitere Besonderheit: Das Führerhaus müsste eigentlich ab 50 3656 die nachgerüstete Teilrückwand haben - hat es aber nicht...
 
  50 3520 (genauer Zeitraum unbekannt, es existieren auch Bilder aus EP-IV mit Speichenradsatz und Tender 2’2’T28)
50 3548 (genauer Zeitpunkt unbekannt)
50 3556 (ab 8/1988 – Einsatz im Zugdienst fragwürdig, außerdem Speichenradsatz)
50 3623 (ab 1982 / aber ÜK-Führerhaus ohne seitliche Dachlüfter und Speichenradsatz)
50 3624 (ab 1981 / aber ÜK-Führerhaus ohne seitliche Dachlüfter)
50 3635 (ab 1988 – Einsatz im Zugdienst fragwürdig)
50 3540 (seit 1981 – aber „späte“ DRG-Sandkästen)
50 3557 (ab 1984 – aber ÜK-Führerhaus, Sandkastenform nicht völlig klar)
50 3662 (ab 1987 / aber ÜK-Führerhaus ohne seitliche Dachlüfter und Speichenradsatz)
50 3672 (1984) – STIMMIG !!! (abgesehen vom vollständig genieteten Führerhaus)
50 3702 (1962 – z / zeitweise Speichenradsatz)
50 3703 (1962 – z / aber ÜK-Führerhaus ohne seitliche Dachlüfter)
50 3704 (1962 – 1988 / aber schmale Frontschürze und Speichenradsatz)
50 3705 (1962 – z / aber schmale Frontschürze und Speichenradsatz)
50 3706 (1962 – z / teilweise aber mit 2’2’T28)
50 3707 (1962 – 1989 / aber schmale Frontschürze!)
50 3708 (1962 – 1989 / zeitweise Speichenradsatz).
 
  Damit ist die 50 3672 das "Toppmodell" - dies ist um so erfreulicher, weil damit auch die TT-Freunde ihre passende 50.35 nach einer Umbeschriftung ohne weitere Umbauten haben können, denen eine Beheimatung in der Rbd Dresden wichtig ist.  
  Eine Sonderstellung nimmt die 50 3540 ein. Bei ihr stimmt fast alles - bis auf die Sandkästen. Die 50 3540 besitzt Sandkästen, die eine Zwischenstufe zwischen den "Runden" Einheitssandkästen und den vor allem den 52 bekannten Großraumsandkästen darstellen. So unähnlich sind diese den geschweißten Neubausandkästen nicht - hier muss jeder selbst entscheiden, ob er dieses "delta-Sandkasten" verschmerzen kann, oder eben sich.  
 

Damit jeder weiß, wovon hier gesprochen wird - HIER findet sich ein Foto einer 50.0-31 der DB mit den "eckigen Einheitsssandkästen".

 
  Kurzum - wenn man wirklich bemüht gewesen wäre, für die EP-III aus dem Tillig-Bausatz eine "ziemlich korrekte" 50.35 mit stimmigen Vorbild zu machen, hätte man mit den 3702, 3706 und 3708 gute Chancen gehabt. Und für die EP-IV wäre auch für die Sachsen mit der 50 3672 eine Maschine erste Wahl gewesen. Hat aber nicht sollen sein... Schade.  
  Und auch noch das für diejenigen, die auf eine 50.35 mit Giesl-Ejektor spekulieren: Mit ziemlicher Sicherheit hat wohl zu keinem Zeitpunkt eine 50.35 mit Hosenträger-Kessel einen Giesl-Ejektor gehabt. Nicht ganz 100%-ig ausschließen kann man es für die 3548 - aber es ist sehr unwahrscheinlich.  
  Zum Abschluss noch dies: Aus der 50 3624 ist bei mir die Nossener 50 3540 geworden - trotz der nicht ganz stimmigen Sandkästen...  
 
 
     
     
     
 
 


©2004 Burkhardt Köhler